#24: Gedanken zum 17. Juni: Die DDR war eine menschenverachtende Diktatur

Es gibt gelegentlich die Tendenz, die Vergangenheit zu beschönigen. Dies betrifft leider in der letzten Zeit auch die DDR – insbesondere wenn es um Geschichten über das „normale Leben“ geht.

Natürlich haben die Menschen in der DDR teilweise auch „normale“ Leben gehabt – wieso denn auch nicht. Man musste sich schließlich auch in diesem Land irgendwie einrichten. Menschen leben, lieben, haben Kinder, arbeiten, machen Urlaub, usw. All dies sind selbstverständlich Banalitäten – selbst unter den schlimmsten Umständen muss Leben irgendwie stattfinden.

Das ist aber irrelevant und verzerrt den objektiven Blick auf die Natur des Systems DDR.

Von Anfang an war die DDR als menschenverachtendes System angelegt. Ihre Anführer waren bestrebt daran, jegliches Streben der Menschen nach Freiheit, Demokratie, Anstand und Wahrhaftigkeit zu unterdrücken. Das Leben der Menschen in der DDR zählte nichts: Sie zählten nur als „Volksmasse“ in direkter Kontinuität zum Nazisystem.

Die SED (Sozialistische Einheitspartei) wurde durch den verbrecherischen Zwangszusammenschluss von SPD (Sozialdemokratische Partei Deutschlands) und KPD (Kommunistische Partei Deutschlands) geschaffen, und dadurch die echte Linke – die Sozialdemokratie – zerstört. Bis heute sind die Folgen dieser Entscheidung zu spüren, bis heute hat die SPD einen schweren Stand in den „Neuen“ Bundesländern.

Alle anderen Parteien wurden ebenso verboten oder umgeformt – die sogenannten „Blockparteien“ Ost-CDU (Christlich-Demokratische Union), LDPD (Liberaldemokratische Partei Deutschlands), DBD (Demokratische Bauernpartei Deutschlands) und NDPD (Nationaldemokratische Partei Deutschlands) waren nur pro-Forma Teil der sogenannten „Nationalen Front“, inklusive auch des Kulturbundes, der FDJ (Freie Deutschen Jugend), der Zwangsgewerkschaft FDGB (Freier Deutscher Gewerkschaftsbund), des Frauenbundes und der Bauernhilfe.

Dieses Konstrukt – schon im Namen nach („Nationale Front“) – zeigt die Kontinuität zur Nazizeit: Die Einbindung der Zwangs-Jugendorganisation, eines Frauenbundes, und der Zwangsgewerkschaft unter diesem Deckmantel ist die natürliche Fortsetzung der Idee des Menschen als Teil einer Masse statt als Individuum, das sich selber organisieren darf. Auch darf die Errichtung der NDPD als nationaldeutsche Partei mit ehemaligen NSDAP-Mitgliedern als Kontinuität zur Nazizeit gelesen werden – während in der Bundesrepublik derartige Parteien immer als suspekt angesehen wurden. Auch übernahm die SED selbstverständlich ehemalige Nazis in ihre sozialistische Partei auf. Damit führte die DDR Ihre Propaganda als „antifaschistischer Staat“ ad absurdum.

Nichts an der DDR war demokratisch. Wer Karriere machen wollte, musste in die SED eintreten – eine Partei, die in verbrecherischer Weise die Menschen unterdrückte, den Überwachungsstaat erschuf, Menschen am Verlassen dieses verbrecherischen Staates teilweise durch Ermordung hinderte. Der Stasi (Staatssicherheitsdienst) fungierte als neue GESTAPO.

Machtinstrument Nummer eins war die Lüge – die Diffamierung der Demokratie, der Freiheit, der Bürgerlichkeit, der Sozialdemokratie, des Westens, etc. Antisemitismus war weit verbreitet, Einwanderer wurden konsequent fremdenfeindlich diskriminiert, alles nicht-deutsche unter einem nichtssagenden (weil nicht praktizierbaren) Banner der „Völkerverständigung“ als fremdartig betrachtet. Der deutsche Normalbürger konnte so gut wie nie mit Russen, Vietnamesen, Angolanern oder Mosambikanern interagieren – die Lebenswelten blieben im weitestgehenden getrennt. Kein Wunder, dass es im Osten nach wie vor mehr Fremdenfeindlichkeit als im Westen zu geben scheint – es wurde ja von 1933-1989 konsequent so vorgelebt.

Die DDR war ebenso extrem kriegslüstern und hatte Lust an der Repression nicht nur im eigenen Land sondern im Ausland. Als politischer Scharfmacher und Agitator im Sowjetsystem wurde aggressiv die Niederschlagung des Prager Frühlings und des Aufstands in Ungarn betrieben, ebenso wie die Dämonisierung der Solidarnosc-Bewegung in Polen und sogar zuletzt – welch Ironie – die Bemühungen Gorbatschows um Glasnost (Offenheit) und Perestroika (Umwandlung). Selbst der sowjetische Sputnik war in den letzen Jahren quasi verboten, als er sich für Reformideen geöffnet hatte. In meinem Russischunterricht hatte dies zu unfreiwilliger Komik geführt.

Kernmoment der DDR sind allerdings die Niederschlagung des Volksaufstandes am 17. Juni 1953 – heute vor 70 Jahren – und der Mauer- und Grenzbau am 13. August 1961. Der Mauerbau wandelte die DDR quasi in einen Freilandgefängnis um, das nur für gelegentlichen Urlaub in genehmen Staaten des Ostblocks verlassen werden durfte (i.d.R. CSSR, Polen, Ungarn – für einige Auserwählte vielleicht sogar die SU), und wenn man endlich das Rentenalter erreicht hatte.

Ein Land, welches die Demokratiebewegung im eigenen Land brutal niederschlägt und das eigene Volk dann im Land einsperrt, ist ein Unrechtsstaat. Eine Partei, die dieses Land führt, ist eine Unrechtspartei. Mitglieder dieser Partei sind für dieses Unrecht verantwortlich.

Hier gibt es nichts zu beschönigen, und mit den Folgen leben wir noch heute: mangelhaftes Demokratieverständnis bei denen, die vermutlich schon damals SED-affin waren; strukturelle Fremdenfeindlichkeit, Putin-Beschönigung, Antisemitismus, Antiamerikanismus, AfD-Affinität.

Die DDR war ein krimineller Staat in Kontinuität zum Nationalsozialismus. Sie war nicht demokratisch, nicht links, nicht fortschrittlich, und schon gar nicht antifaschistisch oder friedensliebend. Man konnte in ihr leben, musste es sogar, denn sie zu verlassen war nicht möglich.

An diesem 17. Juni daher sollten wir der Versuchung widerstehen, dieses unerträgliche System und deren Repräsentanten und Apologeten in irgendeiner Weise zu beschönigen.

Nie wieder Diktatur.

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